Mall Rats

In der U-Bahn-Sta­ti­on sind über­all gro­ße Bild­schir­me. Sie zei­gen ton­los, wie sich eine hoch­ge­wach­se­ne blon­de Frau immer wie­der dreht. Dann folgt ein Mann. Sie sehen aus wie alle den­ken, wie das Glück aus­sieht. Wenn ich jetzt anfan­ge, mich dar­über zu echauf­fie­ren, rut­sche ich in einen Bereich ab, der mich noch mehr ekelt und dann ist es nicht mehr weit bis ich con­tai­nern gehe und Filz­müt­zen tra­ge. Der Grat ver­läuft schmal. Ich füh­le mich trotz­dem anti, weil ich mich ganz natür­lich eke­le und mich nicht zwin­gen muss, sie und das was sie sym­bo­li­sie­ren, zu ver­ach­ten. Sie wer­ben für ein Ein­kaufs­zen­trum. Für mein Ein­kaufs­zen­trum. Ich mache kei­nen Hehl dar­aus, mei­ne Frei­zeit in einer Mall zu ver­brin­gen. Ich fla­nie­re durch die polier­ten Gän­ge, vor­bei an Spielin­seln für die Min­dest­si­che­rungs-Kin­der (Hart­zIV kennt man hier nur als lee­re Droh­ge­bär­de der ÖVP), die dort von früh bis spät ihre tie­fe Bin­dung zum Ein­zel­han­del ein­üben. Sie wer­den irgend­wann unse­re Wirt­schaft ankur­beln und die Welt ret­ten. Mit einem Hyper-HD-Fern­se­her vom Saturn, mit 0%-Finanzierung. Bes­ser sie sind in der Mall als irgend­wo in der Gos­se. In der Mall kom­men sie nicht mit Ein­stiegs­dro­gen in Berüh­rung. Außer man geht davon aus, Kon­sum sei die größ­te Dro­ge. Da wären wir wie­der beim Con­tai­nern. Bevor ich Lebens­mit­tel aus dem Abfall klaue, ver­hun­ge­re ich lie­ber.

In mei­nem Ein­kaufs­zen­trum gibt es einen Spar. Manch­mal kau­fe ich im Spar den gro­ßen Beu­tel Nic Nacs. Nur, wenn er im Ange­bot ist. Es ist fast ein gan­zes Kilo. Eigent­lich esse ich clean. Weil ich jeden Tag in mei­ner Mall bin, sehe ich wie Läden ster­ben und wie neue kom­men. Tom Tailor hat dicht gemacht. Ich freue mich total. Wenn sich ein neu­er Shop ankün­digt, kann ich es kaum abwar­ten, bis er auf­macht. Man muss sich den Zau­ber in den All­tag holen. Sonst wird das nichts.